Wenn man bedenkt, wie stark die Reformation unser Leben und Denken in Europa und der Welt verändert hat, so ist es schon sehr bedauerlich, dass wir diesen Gedenktag so leichtfertig für Spinnen und Skelette dahin geben.
Manch einer hat das Gefühl, Reformation sei nur etwas für die Kirche, weil der alte Martin Luther und seine Freunde ja die Kirche reformieren wollten. Dabei vergisst dieser jener „Einer“, dass die so genannte Kirche quasi das komplette Leben beeinflusste, prägte, gestaltete, … Das kirchliche Leben war der Alltag. Somit spielte sich die Reformation damals nicht in einer Nische ab, sondern veränderte das gesamte Leben eines jeden Menschen. Den Reformatoren verdanken wir einen wesentlichen Schritt in Richtung unseres heutigen „aufgeklärten“ Lebens inklusive Bildung, Selbstbestimmung, Glaubensfreiheit und und und.
Reformation heißt so viel wie „Wiederherstellung“ oder „Erneuerung“ und hat nichts damit zu tun, dass man sich nicht auch einer Veränderung stellen kann. Es hat nichts damit zu tun, dass das Leben weitergeht und man nicht immer nur darauf schaut, dass früher alles besser war. Man muss schon etwas genauer hinsehen. Reformation hat etwas damit zu tun, dass man nicht unnachgefragt jede neue Normalität annehmen darf, die uns im Verlauf des Lebens angeboten wird. Nicht jede Entwicklung geht in die richtige Richtung und es ist gut, wenn man dies rechtzeitig erkennt und, auch wenn´s unangenehm ist, den Weg zurück antritt.
Reformation bedeutet „Wiederherstellung“ der wichtigsten Grundsätze das Lebens. Für Martin Luther war das, sich wieder neu auf seinen liebenden Gott zu besinnen. Durch seinen Sohn Jesus Christus bietet er Leben an. Volles Leben, erfülltes Leben, sinnerfülltes Leben und vor allem bietet er es ohne Gegenleistung an. So war es immer gedacht. Nur vielleicht die Übereifrigkeit oder die Angst vor der Machtlosigkeit oder die Hilflosigkeit, ein Volk mit seiner eigenen Bildung, Gedanken, individuellen Lebensgestaltung und persönlichen Glaubens zu führen, brachte die Führenden dazu, die Menschen mit Forderungen, Gegenleistungen und Angst in Knechtschaft zu legen. Doch dieser Weg ging viele Jahre in die falsche Richtung und so war es für die Reformatoren keine Frage, noch einmal von vorn zu beginnen, den guten alten Zustand wieder herzustellen, auch wenn´s schmerzlich ist, weil nicht alle dafür sind und weil es schwer ist, Fehler einzugestehen, vor allem, wenn man schon so weit gegangen ist. Aber ein falscher Weg wird nicht besser, wenn man ihn schneller und entschiedener geht. Ein falscher Weg wird nur dann richtig, wenn er wieder in die richtige Richtung führt.
Reformation erinnert uns daran, dass wir immer mal wieder in unserem Leben falsche Weg einschlagen, aber auch daran, dass es nie zu spät ist, das zu verändern. Reformation ist für mich der Tag an dem ich meine Gedanken, mein Wissen, meinen Glauben, meinen Lebensweg genauer anschaue und hoffentlich feststelle, dass ich an manchen Stellen in die falsche Richtung unterwegs bin. Darum ist Reformation auch der Tag, an dem ich mich wieder auf das besinne, was für mich wirklich wichtig ist und an dem ich die Entscheidung treffe, wieder für das Wesentlich zu leben. Ich möchte das, was wirklich für mich zählt, wieder an erster Stelle setzen und nochmal neu beginnen, wo es nötig ist.
Ich habe so einen Tag im Jahr dringend nötig, weil ich mich sonst in meinem Alltag und in den Regeln und Gesetzen, die andere Menschen für mich als das Wichtigste sehen, verlaufe.
Reformation heißt für mich wieder neu Feuer und Flamme für meinen Glauben, meine Überzeugungen und meine Werte zu sein. Wir haben das Vorrecht für so eine grundlegende Neuausrichtung einen kompletten Feiertag gespendet zu bekommen. Wie könnte ich dieses leichtfertig für Kürbisköpfe und Gruselmasken hergeben.